Schuhe gehören mit zu den wichtigsten Ausrüstungsgegenständen auf einer Motorradtour.
Dort haben sie verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Während Handschuhe, Jacken, und bedingt auch Hosen, in Fahrpausen oder beim Sightseeing abgelegt werden können, hat man selten mehr als ein Paar Motorradstiefel auf einer Tour dabei. Diese trägt man oft von morgens bis abends und zu allen Gelegenheiten. Entsprechend sieht auch der Anforderungskatalog aus, den diese Schuhe zu erfüllen haben:
Sicher, bequem, passgenau, wasserdicht und atmungsaktiv muss ein Motorradschuh heute sein, um auf langen Touren zu jederzeit zu überzeugen.
Bisher vertraute ich auf die Kampfstiefel der Bundeswehr aus dem Hause Bergmann Schuhfertigung GmbH, die mich über eine Viertelmillion Motorradkilometer begleiteten.
Da mein aktuelles Paar schon wieder 7 Jahre im Einsatz ist, wurde es Zeit für einen Austausch.
Schuhkauf ist Vertrauenssache
Am Firmensitz in Kevelaer empfahl mir Frau Verheyen den speziell für Motorradfahrer entwickelten KAIMAN Motorradstiefel.
Diese werden von Profis in einer Schuhmanufaktur gefertigt, deren Ursprünge auf die Zeit Napoleons zurückgehen. Made in Germany ist hier nicht der Aufdruck eines Siegels, sondern das Versprechen höchster Qualität.
Wer auf einer Motorradmesse jemals einen Stiefel in einem Aquarium bestaunen durfte, der von einem Gartenschlauch dauerberieselt wurde, der stand einem KAIMAN gegenüber.
So ein Eyecatcher macht natürlich neugierig.
Doch bisher habe ich durchweg schlechte Erfahrungen mit Stiefeln gemacht, die nicht zum Schnüren waren: Entweder komme ich mit meinem hohen Spann gar nicht erst in die Stiefel hinein, oder sie sitzen viel zu locker. Aber Frau Verheyen versprach mir, dass KAIMAN Motorradstiefel an jeden Fuss passen. Dafür sorgt zum einen eine riesige Auswahl an verschiedenen Größen und Weiten, zum anderen die Möglichkeit, den Schuh anpassen zu lassen. Sollte auch das noch zu keinem am Fuß tragbaren Ergebnis führen, stellt KAIMAN auch Maßanfertigungen her.
Mit meinem hohen Spann kam ich in das erste Paar gar nicht hinein. Auch der zweite Versuch mit breiteren Stiefeln brachte keine Besserung.
Frau Verheyens geschultes Auge fand dann im dritten Anlauf einen Schuh, der passen sollte. Mittlerweile bekam sie Unterstützung durch ihren Kollegen Herrn Küsters, der mir ebenfalls versicherte, dass ich bei meinem Vorhaben gar nicht um KAIMAN Stiefel herum käme.
Ich wäre ja schon froh gewesen, wenn ich überhaupt reingekommen wäre: Mein Spann und der Stiefelschaft wollten sich einfach nicht anfreunden. Und das, obwohl eine der Besonderheiten des Kaiman sein weiter Einstieg ist.
Doch Herr Küsters blieb standhaft und so begann die Prozedur, barfuss in den, seiner Einlegesohle beraubten, Stiefel zu steigen. Das ging. Nach 2 Minuten in denen mein Fuss den Stiefel anwärmte, wurde die Einlegesohle wieder im Stiefel platziert und ich schlüpfte nun bedeutend leichter hinein. Im dritten Schritt schlüpfte ich in Socken in den Stiefel. Nicht in meinen, sondern in KAIMAN-Socken, die nicht nur ein angenehmeres Tragegefühl vermitteln, sondern auch wesentlich leichter in den Stiefel glitten. Der rechte Stiefel passte nach nur 10 Minuten. Am linken Stiefel verzweifelte ich jedoch. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich auch auf der Seite diese eine Engstelle überwunden und den Stiefel endlich am Fuss hatte.
Dann setzte der „Wow-Effekt“ ein: Nach all der schweisstreibenden Mühe beim Anziehen, wurde ich durch ein äusserst angenehmes Tragegefühl überrascht. Das war kein klobiger Motorradstiefel, das fühlte sich eher nach gemütlichem Wander- oder gar Hausschuh an.
Natürlich musste der Stiefel erst einmal eingetragen werden, um sich an meinen Fuss anzupassen, deshalb liess ich ihn gleich auf der Rückfahrt an. Die Rückmeldung des Fußes für Schalthebel und Bremspedal war viel intensiver als ich es bisher kannte. Doch nach kurzer Zeit auf dem Motorrad drückte der Stiefel am linken Knöchel (mein „Problemfuß“) und meine Zweifel kamen zurück. Bei der ersten Pause durfte ich dann aber feststellen, dass die beiden Klettschnallen nicht bloß der Optik dienen, sondern sich die Stiefelweite darüber noch zusätzlich regulieren lässt: Ich hatte die Schnallen in dem Gedanken, den Stiefel am Spann möglichst schnell zu weiten, einfach zu fest gezogen. Die Schnallen etwas lockerer gestellt und das „Hausschuhgefühl“ kehrte auf dem Motorrad umgehend zurück.
Am nächsten Tag stieg ich direkt nach dem Aufstehen in die Stiefel. Gut, dass mich dabei niemand sah, aber ich musste wissen, ob mir das Anziehen bereits leichter als beim ersten Mal fiel. Das tat es. Der Tag war gerettet.
Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft?
Nach zwei Wochen Eintragen haben sich die Stiefel an meine Füße angepasst. In den Rechten schlüpfe ich locker hinein. Bei dem Linken ist das Anziehen nicht zeitaufwendiger als bei Schnürstiefeln und wird von Tag zu Tag besser. Die KAIMANs fühlen sich an, wie für meinen Fuß gemacht.
Obwohl Stiefelkauf mit meinen „unegalen Pillefüßen“ sonst immer ein Horror für mich ist, hatte ich diesmal in Person von Frau Verheyen und Herrn Küsters zwei kompetente Berater, die mir genau das richtige Paar Stiefel herausgesucht haben.
Ich kann jedem nur die persönliche Beratung vor Ort empfehlen, denn „mein“ Paar hätte ich auf mich allein gestellt, niemals gefunden. Wer entnimmt auch schon zur Anprobe den Schuhen die Einlegesohle und steigt barfuss in den Schuh?
Die ersten Tagestouren sind gefahren und der Schuh in Kombination mit den Kaimansocken ist äusserst klimafreundlich: Auch nach 12 Stunden steige ich trockenen, schweissfreien Fußes aus den Stiefeln. Der Tragekomfort bleibt über den gesamten Tag erhalten. Nichts drückt, oder fühlt sich unangenehm an.
Beinahe sehne ich schon eine Starkregenfahrt herbei, um die 100%ige Wasserdichtigkeit zu testen. Beinahe.
Für meine Tour fühle ich mich mit diesem Schuhwerk gut gerüstet.
Über 25.000 KM später
Die KAIMAN-Stiefel haben mich in den letzten vier Monaten auf jeder meiner Touren begleitet. Mein Wunsch nach Starkregenfahrten wurde in der Zeit mehr als erfüllt. Stundenlange Fahrten durch strömenden Regen stecken diese Stiefel einfach so weg. Da dringt nirgendwo Wasser ein, da kühlt kein Fuß aus. Diese Stiefel verdienen das Prädikat wasserdicht ohne jegliche Einschränkung. Durch die variable Verstellung mittels Klett sind Socken unterschiedlicher dicke angenehm tragbar, so dass dieses eine paar Stiefel sowohl für das kühle und feuchte Nordkap als auch Südspanien genau die richtige Wahl ist. Weder das Wetter innerhalb des Polarkreises noch die Hitze der Algarve konnten diese Stiefel an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bringen. Egal wo in Europa ich toure: welches Schuhwerk ich trage steht fest!
Diese Stiefel sind so gut, dass ich den Test verlängern werde um zu schauen, wie lange diese Stiefel die hohe Qualität halten werden.
Link zur KAIMAN Motorradstiefel Webseite
Link zur Bergmann Schuhfertigung GmbH Webseite
Trauriger Nachtrag: Am 28.05.2015 wurde über das Vermögen der Bergmann Schuhfertigung GmbH, Kevelaer, Schravelener Niersweg 5, durch Beschluss des Amtsgerichts Kleve das Insolvensverfahren eröffnet. Die Gesellschaft ist aufgelöst.
erstellt: 12.05.2015 / letztes Update 01.12.2017